Von Schneeweißchen zur Pechmarie
Der Schopftintling
(Coprinus comatus)
Wiesen sind ein wichtiger Lebensraum, nicht nur für Pflanzen und Tiere, sondern auch für Bakterien und Pilze. Der Schopftintling ist ein solcher Wiesen bewohnender Pilz, der sich an nährstoffreiche Böden angepasst hat und sogar kleine Fadenwürmer im Boden jagen kann.
Der Schopftintling gehört zu den Pilzen, die gut auf nährstoffreichen Wiesen, Wegrändern, Parks und entlang von Waldwegen gedeihen und ist dadurch recht weit verbreitet und häufig. Die sogenannten Fruchtkörper (Abb. 1-7) werden zwischen Mai und November gebildet. Sie sind der für uns am häufigsten sichtbaren Teil des Pilzes. Dabei handelt es sich um spezielle Strukturen, die der Pilz ausbildet, um sich durch die darin gebildeten Sporen zu vermehren.
Die 5-10 cm großen jungen Fruchtkörper des Schopftintlings sind zu Beginn noch fast rein weiß, walzenförmig und mit dachschindelartigen weißen Schuppen bedeckt (Abb. 2). Sie bestehen aus dem Hut genannten äußeren Teil, in dem sie sogenannten Lamellen (Abb. 7) liegen. In diesen entwickeln sich die winzig kleinen schwarzen Sporen, über die sich der Schopftintling verbreitet. Zu Beginn ist der Hut noch mit dem Stiel verwachsen, öffnet sich dann aber von unten (Abb. 3).
Schopftintlinge haben eine besondere Strategie entwickelt, um ihre Sporen zu verbreiten: Der Hut zersetzt sich innerhalb von wenigen Tagen von unten beginnend mitsamt der Lamellen und den darin befindlichen Sporen zu einer schwarzen, an Tinte erinnernden Flüssigkeit (Abb. 4). Dies wird als Autolyse, also Selbstauflösung bezeichnet. Der Hut wölbt sich dabei etwas nach außen und beginnt dann zu zerfasern (Abb. 5). Die Sporen tropfen mitsamt der “Tinte” nach unten auf den Boden und werden zusätzlich durch Wind und Regen verteilt (Abb. 6). Die “Tinte” des sogenannten Tintenpilzes wurde früher tatsächlich zu Schreibtinte verarbeitet und teilweise sind die Sporen in der Tinte auch heute noch unter dem Mikroskop nachweisbar.
Fotos: S. Bigalk
Der Schopftintling ist auch als Spargelpilz bekannt, da die langen weißen Stiele an Spargelstangen erinnern. Junge Exemplare gelten als gute Speisepilze, solange die Lamellen noch weiß sind. Jedoch müssen sie schnell zubereitet werden, da die Autolyse wenige Stunden nach dem Sammeln einsetzt und sie sich zersetzen. Zudem sollten nur Pilze gesammelt und verzehrt werden, die sicher bestimmt sind. Insbesondere bei den Lamellenpilzen ist Vorsicht geboten, da z.B. junge Exemplare des hoch giftigen Knollenblätterpilzes mit Speisepilzen verwechselt werden können.
Der Großteil des Schopftintlings liegt jedoch unter der Erde. Dort bildet sich das sogenannte Mycel: Ein feines Zellgeflecht, das den eigentlichen Pilz darstellt. Der Schopftintling ernährt sich von organischem Material im Boden, also abgestorbenen Pflanzenteilen oder Kleinstlebewesen. Dadurch sind Pilze in Boden-Ökosystem wichtige Teile des Nährstoffkreislaufs. Der Schopftintling kann sogar jagen, um sich mit zusätzlichen Nährstoffen zu versorgen. Er bildet im Boden spezielle Fangorgane (kugelige Strukturen mit spitzen Fortsätzen) aus, die ein Toxin enthalten. Kommt ein kleiner Fadenwurm an diese Fangorgane, wird er durch das Toxin gelähmt, von den Pilz-Zellfäden durchdrungen und zersetzt.
Verfasserin: Sonia Bigalk
Literatur zum direkt Nachlesen
- Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V.: https://www.dgfm-ev.de/pilz-des-jahres/2024-schopf-tintling (aufgerufen 27.10.2025)
Ewald, G. (1995): BLV-Handbuch Pilze. Einbändige Neuausgabe der BLV Intensivführer Pilze 1 und Pilze 2. BLV Verlagsgesellschaft, München.
Gminder, A. (2009): Kosmos Naturführer: Pilze finden, erkennen, genießen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart.
Luo, H., Mo, M., Huang, X. Li, X. & Zhang, X. (2004): Coprinus comatus: A basidiomycete fungus forms novel spiny structures and infects nematodes. Mycologia, 96 (6). https://doi.org/10.1080/15572536.2005.11832870
Abb. 7: Das Innere eines jungen Fruchtkörpers.
Der Schopftintling gehört zu den sogenannten Lamellenpilzen. Seine Sporen sitzen an Lamellen, die an der Hutinnenseite liegen. Bei jungen, noch geschlossenen Schopftintlingen sind sie zunächst weiß, verfärben sich von unten beginnend über rosa zu schwarz und beginnen schließlich tinentenartig zu zerfließen, um die Sporen zu verbreiten.
Foto: Sonia Bigalk