Pollen sammeln per Bauchplatscher – Die Hahnenfuß-Scherenbiene
Die Hahnenfuß-Scherenbiene (Chelostoma florisomne) (Abb.1) ist mit einer Körpergröße von 8 - 10 mm häufig erst beim genaueren Hinsehen als Wildbienen zu erkennen. Sie besitzt den für Scherenbienen typischen zylindrisch schmal-langgestreckten dunklen Körper mit schütterer Behaarung. Nur am Ende der Hinterleibssegmente sind schmale Binden aus weißen, filzigen Haaren zu erkennen, die bei älteren Tieren aber auch teilweise oder ganz abgerieben sein können. Die Weibchen besitzen als Teil der Mundwerkzeuge ein Paar auffällig großer Mandibeln (Abb. 1, auch Zangen oder Kiefer genannt), von denen sich der Gattungsname “Scherenbienen” ableitet. Diese gefährlich anmutenden Zangen dienen jedoch nicht als Waffe, sondern werden als vielseitiges Werkzeug beim Transport von Baumaterial und dem Bau der Nistzellen eingesetzt.
Durch die sehr großen Zangen, Körperform und -größe lässt sich die Hahnenfuß-Scherenbiene mit etwas Übung auf vielen Wiesen, Brachen und sogar in Gärten beobachten. Verwechselt werden kann sie vor allem mit der sehr ähnlichen Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma rapunculi), die sich jedoch auf den Besuch von Glockenblumen-Blüten spezialisiert hat, während die Hahnenfuß-Scherenbiene ausschließlich an Hahnenfuß zu finden ist. Von Mai bis Ende Juni sind die Weibchen der Hahnenfuß-Scherenbiene auf den Blüten verschiedener Hahnenfußarten zu finden, wie Knolliger Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus), Scharfer Hahnenfuß (Ranunculus acris) und Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens). Dort sammeln sie mit ihrer Bauchbürste (Abb. 2), bestehend aus bürstenartigen weißen Haaren auf der Unterseite der Hinterleibssegmente, den leuchtend gelben Pollen von den Staubblättern der Hahnenfußblüten als Nahrung für ihre Nachkommen. Einige Weibchen gehen dabei äußerst effektiv vor: Sie fliegen zu einer Blüte, lassen sich in einer Art Bauchplatscher darauf fallen, drehen sich so auf die Seite, dass die Sammelbürste in Richtung der Staubblätter zeigt und kriechen zwischen den Gelben Kronblättern und den pollentragenden Staubblättern einmal in der Blüte herum (Abb. 3). Dabei bleiben die klebrigen Pollenkörner hauptsächlich in der Bauchbürste, aber auch auf dem restlichen Bienenweibchen haften. Danach geht es weiter zur nächsten Blüte, die dadurch bestäubt wird, bis die Biene genügend Pollen gesammelt hat und ihn zu ihrem Nest bringt. Scherenbienen sind wie die meisten anderen Wildbienen solitär, jedes Weibchen legt ihr eigenes kleines Nest an, muss einen Futtervorrat für ihre Nachkommen beschaffen und die Eier legen aus denen diese schlüpfen, im Gegensatz zu sozialen Bienenarten, bei denen eine Königin die Eier legt und Arbeiterinnen das Futter beschaffen.
Die Hahnenfuß-Scherenbienen bevorzugen für ihre Nester kleine Hohlräume mit einem Durchmesser von 3,5 mm, wie sie zum Beispiel in wurmstichigen Zaunpfählen, Brettern, abgestorbenen Ästen, aber auch in Schilfhalmen, Reetdächern oder Bambusröhrchen an Nisthilfen zu finden sind. Dort legen sie für jedes Ei hintereinander eine einzelne Kammer mit einem Pollenvorrat an; dann werden diese mit einer Wand aus Lehm, Speichel und Nektar verschlossen und die nächste Kammer angelegt. Für die letzte Wand nach außen werden zusätzlich kleine Steine in die Lehmwand eingebaut, wodurch diese nach dem Trocknen sehr hart wird. Aus den Eiern schlüpfen Larven, die sich von dem Pollenvorrat ernähren. Ist dieser aufgebraucht verpuppen sie sich und überwintern als Puppe in der Sicherheit ihrer Brutkammer. Erst im Mai schlüpft die nächste Bienengeneration und verlässt das Nest.
Literatur zum direkt Nachlesen
- Westrich, P. 2019. Die Wildbienen Deutschlands, 2. Auflage. Ulmer Verlag, Stuttgart.
- Scheuchl, E., Schwenninger, H.R., Burger, R., Diestelhorst, O., Kuhlmann, M., Saure, C., Schmid-Egger, C. Silló, N. (2023): Die Wildbienenarten Deutschlands – Kritisches Verzeichnis und aktualisierte Checkliste der Wildbienen Deutschlands (Hymenoptera, Anthophila). Anthophila (1)
- https://www.wildbienenzentrum.de/anthophila/
- Worm, R. 2020. Die Wiesenfibel. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.
Verfasserin: S.Bigalk