Die Kleine Hufeisennase
(Rhinolophus hipposideros)
Hört man „Fledermaus“ so denkt man vielleicht als erstes an kleine mausartige Geschöpfe mit hässlichen Fratzen und großen Ohren, kleine Vampire, welche sich nachts heimlich am Blut ihrer Opfer laben, oder kleine Tiere welche Krankheiten wie Tollwut übertragen können. Dieses Bild ist vor allem durch die gruseligen Geschichten und Mythen rund um Fledermäuse geprägt. Dabei gibt es unter den 1000 beschriebenen Arten weltweit nur drei Arten, welche sich tatsächlich von Blut ernähren, wie der Gemeiner Vampir (Desmodus rotundus) und damit das Stigma des „kleinen Vampires“ erfüllen (Abb. 1). Die restlichen 997 Arten sind Frucht-, Nektar- und Insektenfresser. So auch die Vertreter in Deutschland, welche bei näherer Betrachtung nicht nur süß, sondern auch faszinierend sind.
Ein Vertreter der Fledertiere, den wir euch diesen Monat vorstellen möchten, ist die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros) (Abb. 3). Die Kleine Hufeisennase ist, wie die Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum), ein Insektenfresser. Ihren Namen verdankt Sie ihrer auffällig geformten Nase, welche an ein Hufeisen erinnert (Abb. 2). Im Gegensatz zu anderen Arten, wie zum Beispiel dem Grauen Langohr (Plecotus austriacus) oder dem Mausohr (Myotis myotis), geben die Hufeisennasen ihre Orientierungslaute nicht durch den Mund, sondern durch Ihre Nasenöffnung ab. Dabei ist die Nase so geformt, dass die Orientierungslaute zielgerichtet und präzise in eine Richtung abgegeben werden können. Ihr Jagdrevier liegt bevorzugt in Laubwäldern und halboffenen Bereichen wie Streuobstwiesen.
Die Kleine Hufeisennase ist während der Sommerzeit oft in Tunneln, Dachböden, Stollen, Baumhöhlen oder an ähnlichen Orten anzutreffen. Ab August-September, wenn sich die Jungtiere von den Eltern entwöhnt haben, beginnt erneut die Paarungszeit. Dabei werden zu Beginn die Sommerquartiere verlassen und geeignete Paarungsquartiere aufgesucht. Neben der Paarung beginnen die Tiere sich auf die kommende Winterruhe vorzubereiten. Während der Winterruhe, welche ca. Ende Oktober beginnt, reduzieren die Tiere ihre Körpertemperatur fast auf Umgebungstemperatur und schlafen so bis zu den Frühlingsmonaten März-April, in Stollen, Höhlen oder ähnlichen geeigneten Ruheplätzen. Vorher futtern sich die Tiere einen Fettvorrat an, der allein dazu dient, genug Energie zu Verfügung zu haben, um aus dem Winterschlaf erwachen zu können und die Körpertemperatur wieder auf Normaltemperatur zu erhöhen. Nach dem Erwachen suchen die Tiere wieder ihre Sommerquartiere auf und ziehen dort ihren Nachwuchs groß.
Fledermäuse (Microchiroptera) gehören zu der Säugetier Ordnung der Chiroptera (Fledertiere). Von ihnen kommen knapp 30 Arten in Mitteleuropa vor, davon 25 allein in Deutschland. Alle Fledertiere Deutschlands gehören entweder zu den Hufeisennasen (Rhinolophidae) oder den Glattnasen (Vespertilionidae). Fledertiere sind die einzigen Säugetiere die, wie Vögel, aktiv fliegen können. Neben Arten mit großen, bizarr geformten Nasen haben andere Arten große Ohren und können meistens nur schwarz-weiß sehen. Die nachtaktiven Vertreter der Fledertiere jagen ihre Beute meistens mithilfe der sogenannten Ultraschall- Echoortung. Die Tiere erzeugen Orientierungsrufe, genau wie wir Laute erzeugen. Diese werden von Beutetieren oder Hindernissen reflektiert und von den Fledertieren wahrgenommen. So können sich die Tiere im Raum orientieren und Ihre Beutetiere sehr präzise ausfindig machen.
Die Kleine Hufeisennase weist seit dem 20 Jahrhundert einen starken Rückgang auf und ist laut Nationaler Roten Liste in der Bundesrepublik Deutschland vom Aussterben bedroht. Dabei sind sie von Habitatsverlust und dem Verlust der Nahrungsgrundlage durch anthropogene oder klimatische Einflüsse genauso betroffen wie viele andere Lebewesen auch. Neben dem Verlust geeigneter Sommer- und Winterquartiere ist die Störung während der Winterruhe ein großes Problem. Durch Störung kann es passiert, dass die Tiere frühzeitig aus dem Winterschlaf gerissen werden. Dadurch haben die Tiere im Frühjahr nicht mehr genug Energie, um erneut aus dem Winterschlaf zu erwachen. Ein weiteres Problem ist der Einsatz von Insektiziden, wodurch sich die Tiere beim Fressen vergifteter Insekten mit der Zeit selbst vergifte, wodurch die Tiere selbst oder Ihr Nachwuchs geschwächt werden können.
Aber was tun, wenn man eine verletzte oder aus dem Schlaf gerissene Fledermaus findet? Zunächst sollte man bedenken, dass es sich bei Fledermäusen um Wildtiere handelt. Daher sollte man die Tiere niemals ohne Handschuhe anfassen, zumal die Tiere Krankheiten wie die Tollwut übertragen können. Sich informieren oder Hilfe suchen kann man beispielsweise über das Fledermaustelefon und Fledermaus FAQ des NABU. Auch der BUND arbeitet deutschlandweit an verschiedene Fledermausprojekten, worüber man sich über ihre Website informieren kann.
Literatur zum direkt Nachlesen
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Walder, C.; Vorauer, A. (2014) Die Fledermäuse Tirols. Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, Innsbruck. ISBN: 978-3-902169-08-2
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https://www.bund.net/themen/tiere-pflanzen/tiere/saeugetiere/fledermaus/)
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https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/18829.html
Verfasserin: J. Michel