Die Listspinne (Pisaura mirabilis)

 

Kalt, nass, grau – der November ist bekannt für seine ungünstigen Witterungsverhältnisse. Die meisten wirbellosen Tiere, wie Spinnen und Insekten, ziehen sich jetzt in Verstecke zurück, um die kalte Jahreszeit zu überdauern. An sonnigen Tagen lockt die Wärme aber auch noch im Spätherbst und Winter einige Arten hervor. In Wiesen und niederen Sträuchern trifft man dann zum Beispiel die Listspinne Pisaura mirabilis beim Sonnenbaden an. Ihre typische Körperhaltung wirkt auf den ersten Blick irritierend:  Die beiden Vorder- bzw. Hinterbeinpaare sind jeweils dicht aneinander gelegt und es scheint, als ob das Tier insgesamt nur 4 Beine hätte. Durch diesen Habitus ist die Art in Deutschland unverkennbar. Färbung und Zeichnung sind sehr variabel und reichen von hellbraun bis dunkelbraun bzw. kontrastreich bis kontrastarm. Die Art ist der einzige Vertreter der Gattung in Deutschland.

Abbildung 2: Ein Weibchen der Listspinne mit Kokon. Foto: Joachim Holstein

 

In den Sommermonaten schließlich erfolgt die Ablage der Eier. Diese werden aber nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, sondern das Weibchen (Abb. 2) trägt sie in einem Kokon mit ihren Beisswerkzeugen herum. Vor dem Schlupf der Jungen spinnt sie im hohen Gras einige Halme zusammen und hängt den Kokon in einer Art Kuppel  auf. Die frisch geschlüpften Jungtiere halten sich noch einige Zeit dort auf und werden auch weiterhin vom Weibchen bewacht (Abb. 3). Die Entwicklung der Jungtiere zum Adulttier dauert etwa 2 Jahre. Weibchen erreichen eine Körperlänge von etwa 15 mm, Männchen bleiben etwas kleiner.

Während ausgewachsene Tiere von P. mirabilis ohne Fangnetze jagen, legen Jungtiere noch eine Art Ansitz mit einer Netzstruktur an.

Literatur zum direkt Nachlesen

 

Abbildung 1: Die Listspinne (Pisaura mirabilis), ein ausgewachsenes Männchen. Foto: Joachim Holstein

Im Frühjahr werden sie schließlich geschlechtsreif und die Männchen (Abb. 1) begeben sich auf Partnersuche. Um nicht bereits vor der Paarung als Beute eines hungrigen Weibchens zu Enden, haben die Männchen ein sehr interessantes Balzverhalten hervorgebracht:  Eine frisch gefangene und handlich eingesponnene Beute wird als Brautgeschenk überreicht. Selbstverständlich macht sich das Weibchen darüber her und das Männchen hat die Gelegenheit, sich ungestört zu verpaaren ohne selbst verspeist zu werden. Nicht selten kommt es vor, dass das Männchen selbst Hunger verspürt und lediglich die ausgesaugte Hülle einer Beute übergibt. Ist mal gar keine Beute vorhanden, überreicht das Männchen auch nur einen Gespinnstballen als Attrappe. Ein riskantes Ablenkungsmanöver, aber es verschafft dem Männchen genug Zeit, um sich unbehelligt paaren zu können.

Abbildung 3: Pisaura mirabilis Weibchen bewacht ihre frisch geschlüpften Jungtiere. Foto: Ingo Wendt

Verfasser: I. Wendt