Extrem giftig aber vollkommen harmlos: der Schwarzblaue Ölkäfer

 

In den Medien wurde er in letzter Zeit als „gefährlich“ oder sogar „tödlich“ beschrieben: der Schwarzblaue Ölkäfer (Meloe proscarabaeus). Und doch ist er harmlos für alle, bei denen er nicht auf dem Speiseplan steht. Der relativ große schwarzblaue Käfer - mit einem ganz besonderen Entwicklungszyklus - ist im Frühjahr mit etwas Glück an offenen Stellen zu beobachten. Durch ihren voluminösen Hinterlieb sind dabei die großen trägen Weibchen besonders auffällig. Infolge eines deutlichen Rückgangs seiner Bestände wird der Schwarzblaue Ölkäfer in Deutschland inzwischen sogar als gefährdet eingestuft. 

Der Schwarzblaue Ölkäfer, der umgangssprachlich auch als Maiwurm bekannt ist, kommt in Europa besonders auf Wiesen und offenen Stellen in lichten Wäldern vor. Da extensiv bewirtschaftete Wiesen in Europa immer seltener werden und auch Wildbienen immer schwierigere Lebensbedingungen vorfinden, nehmen die Bestände des Blauschwarzen Ölkäfers immer weiter ab. Inzwischen ist der Schwarzblaue Ölkäfer auf der Roten Liste sogar als gefährdet eingestuft. Der Käfer ist in ganz Europa heimisch. Entgegen aktuellen Medienberichten ist er allerdings weder „neu“, noch breitet er sich aus. 

Abbildung 1: Weibchen des Schwarzblauen Ölkäfers (Meloe proscarabaeus), Foto: Marina Moser

Die besten Chancen, einen Ölkäfer zu sehen, hat man im Frühjahr von April bis Juni. Mit bis zu 3,5 cm gehört er zu den größeren heimischen Käfern. Entsprechend seines Namens glänzt er schwarzblau, Kopf und Halsschild sind beim Schwarzblauen Ölkäfer grob punktiert (Abb. 1). Verwechslungsgefahr besteht in Deutschland potenziell mit dem Violetten Ölkäfer (Meloe violaceus), der sich trotz seines Namens nicht über die Färbung, sondern vielmehr über die feinere Punktierung auf Kopf und Halsschild vom Schwarzblauen Ölkäfer unterscheiden lässt. Die Flügeldecken, die in der Fachsprache Elytren genannt werden, sind stark verkürzt, sodass die Hinterleibssegmente dahinter gut sichtbar sind. Um herauszufinden, ob es sich um ein Männchen oder ein Weibchen handelt, lohnt sich ein Blick auf die Fühler des Käfers: die Fühler der Männchen sind ungefähr in der Hälfte deutlich geknickt. Außerdem sind die Männchen deutlich kleiner als die Weibchen. 

Ölkäfer haben einen besonderen Lebenszyklus: Nach mehrfacher Paarung bildet das Weibchen riesige Mengen an Eiern, die jeweils 0,9-1,3 mm lang sind und dafür sorgen, dass der Hinterleib des Weibchens während dieser Zeit extrem anschwillt. Die Eiablage erfolgt in kleinen Erdhöhlen im Boden.
Die Larven, die bei Ölkäfern Triungulinus („Drei-Klauer“) genannt werden, sind gelb bis orange und extrem beweglich. Sie klettern instinktiv nach oben in Blüten, wo sie auf eine „Mitfluggelegenheit“ in Form einer Wildbiene warten. Kommt eine Biene an der Blüte vorbei, klammert sich die Käferlarve am Pelz der Wildbiene fest und wird von ihr in deren Nest transportiert. Im Bienennest ernähren sich die Käferlarven vom Ei der Wildbiene und dem Pollenvorrat. Nach der dritten Häutung folgt ein Ruhestadium, in dem der Käfer im Boden überwintert. Erst nach zwei weiteren Häutungen schlüpft im darauffolgenden Frühjahr der ausgewachsene Käfer. Was im ersten Moment nach einer komfortablen Lebensweise klingen mag, ist aber hochriskant: erwischt die Larve statt einem geeigneten Wildbienen-Weibchen ein falsches Insekt wie eine Schwebfliege oder eine Grabwespe, findet die Larve im Nest (insofern überhaupt vorhanden) die falsche oder gar keine Nahrung vor und stirbt. Das Risiko wird durch die enorme Anzahl an Eiern ausgeglichen: ein einziges Weibchen legt fünf bis sechs Mal im Abstand von jeweils 1-2 Wochen zwischen 3000 und 9500 Eier in den Boden ab.

Im Mai 2023 schaffte es der Schwarzblaue Ölkäfer regelmäßig in die Medien. Vielfach wurde er als „gefährlich“ und sogar „tödlich“ bezeichnet. Doch wie gefährlich ist der Schwarzblaue Ölkäfer wirklich? Wie alle Käfer aus der Gattung der Ölkäfer (Meloe) produziert auch diese Art giftige Abwehrstoffe, die sie bei Gefahr aus ihren Beingelenken austreten lassen. Diese Verteidigungsmethode, die auch andere Käfer wie Marienkäfer oder Weichkäfer beherrschen, wird als Reflexbluten bezeichnet. Den gelblichen, an Öl erinnernden Tropfen verdanken die Ölkäfer übrigens ihren Namen. Der giftige Wirkstoff der Ölkäfer ist Cantharidin, das als Nervengift den Käfer vor Fressfeinden schützt. Auf der Haut kann es Blasen bilden und zu Entzündungen führen. Im antiken Griechenland wurde das Gift für Giftmorde oder Hinrichtungen missbraucht, später wurde es als Mittel gegen Tollwut und sogar als Aphrodisiakum eingesetzt. 

Fazit: Ja, Ölkäfer sind giftig. Allerdings würde wohl kaum jemand auf die Idee kommen, einen Ölkäfer zu verspeisen. Zudem sind die Tiere extrem träge und niemand der es nicht darauf anlegt wird jemals mit einem Ölkäfer in Kontakt kommen. Versehentliche Vergiftungen von Menschen oder Haustieren sind kaum belegt. Nach Kontakt empfiehlt sich gründliches Händewaschen als Vorsichtsmaßnahme. Und wie so oft in der Natur empfiehlt sich, mit etwas Abstand zu beobachten – auch zum Wohl der Tiere selbst! Viel Spaß beim Beobachten. 

Schwarzblauer Ölkäfer (Meloe proscarabaeus), Foto: Marina Moser

Literatur zum direkt Nachlesen

  • Harde, K.W.; Helb, M. & Elzner, K. (2021) Der Kosmos-Käferführer. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart. ISBN: 978-3-440-16759-5
  • Bestimmungstabelle für die Ölkäfer Europas: https://coleonet.de/coleo/texte/meloe.htm

Verfasser: M. Moser