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Langer Rüssel auf weiter Reise –

Der Windenschwärmer (Agrius convolvuli)


Auf den ersten Blick könnte man unseren Wiesenbewohner aufgrund seiner Farbe vielleicht für eine graue Maus halten, aber mit einer Flügelspannweite von 8 bis 13 cm gehört der Windenschwärmer (Agrius convolvuli, Abb. 1) zu den größten in Deutschland vorkommenden Schmetterlingen und ist damit tatsächlich etwas größer als eine Hausmaus (ohne Schwanz). Wie viele andere nachtaktive Schmetterlinge ist der Windenschwärmer unauffällig grau-schwarz gefärbt und dadurch hervorragend getarnt, wenn er tagsüber an Baumstämmen, Ästen oder Steinen ruht. Nur auf den Seiten der Hinterleibssegmente befindet sich ein Muster aus pinken und schwarzen Flecken, die in Ruhe jedoch von den Flügeln verdeckt sind.

Abb. 1: Obwohl der Windenschwärmer mit bis zu 13 cm Flügelspannweite einer unserer größten Schmetterlinge ist, sind die nachtaktiven Falter durch ihre grau-schwarze Tarnfarbe tagsüber nur schwer zu entdecken. Die rot-schwarze Hinterleibszeichnung ist dabei meist durch die Flügel verdeckt. Foto: Stephan Hoppe

Windenschwärmer gehören zu den Wanderfaltern, die regelmäßig nach Deutschland einfliegen. Ganzjährig sind sie in den Tropen und Subtropen Afrikas und Asiens zu finden. In den Sommermonaten wandern sie in Europa teilweise bis auf die Höhe des Polarkreises, südlich bis Australien. Ab April fliegen die ersten Tiere von Nordafrika aus in Richtung Europa, wo sie nach etwa 4 Wochen ankommen, die meisten erscheinen allerdings zwischen August und Oktober. Dabei erreichen sie in der Spitze Fluggeschwindigkeiten bis zu 100 km/h, auf längeren Strecken etwa 50 km/h. Um ihren hohen Energiebedarf zu decken besitzen Windenschwärmer einen mehr als körperlangen Saugrüssel (5-13 cm, durchschnittlich etwa 9 cm) mit dem sie ähnlich wie Kolibris im Flug vor der Blüte schwebend Nektar trinken können. Dies tun sie bevorzugt ab der Abenddämmerung bis in die frühen Nachtstunden. Die Raupen ernähren sich von Windengewächsen, vor allem von Acker- und Zaunwinde (Abb. 2), die häufig an nicht zu häufig gemähten Wegrändern, Weinbergen oder auf Kartoffelfeldern gedeihen. Bereits während ihrer Wanderung legen die Windenschwärmerweibchen einzelne Eier an geeigneten Futterpflanzen ab und können so bis zu 1000 Eier legen. Ironischerweise blühen Acker- und Zaunwinde nur in den Vormittagsstunden und sind keine Nektarquelle für die nachtaktiven adulten Windenschwärmer.

Abb. 2: Windengewächse wie die Ackerwinde (Convolvulus arvensis) sind die Hauptnahrungspflanzen der Raupen. Die Blüten öffnen sich nur am Vormittag und sind eine wichtige Nahrungsquelle für Schwebfliegen und Wildbienen. Da Windenschwärmer nachtaktiv sind, können sie die Blüten selber nicht besuchen. Foto: Sonia Bigalk

Das Ei ist nur 1 mm groß und damit etwa halb so groß wie der Kopf einer Stecknadel. Die daraus schlüpfenden Raupen wachsen schnell und können bis zu 12 cm lang werden. Sie treten in verschiedenen Farbvariationen von grün (Abb. 3) bis grau-braun (Abb. 4) auf. Am Hinterende tragen sie einen für Schwärmer-Raupen typischen, glatten, nach hinten gerichteten Dorn, der jedoch ungefährlich ist. Die einzelnen Segmente haben seitlich einen hellen diagonal von vorne unten nach hinten oben verlaufenden Streifen, unter dem die Stigmen (Atemöffnungen) als dunkle Punkte zu sehen sind. Durch ihre Tarnfarben sind sie auf ihren Futterpflanzen schwer zu entdecken. Erst wenn die Raupen den Schutz der Winden verlassen und auf die Suche nach einem geeigneten Platz für die Verpuppung gehen, kann man sie leichter an Wegrändern oder an Kartoffelfeldern entdecken. Die Raupen graben sich in den Boden und legen eine Hühnerei große Höhle an. Dort wandeln sie sich in etwa zwei Wochen zu einer 5-6 cm langen, braunen Puppe um. Diese besitzt bereits eine bogenförmig abstehende Rüsselscheide, anhand derer sie gut zu erkennen sind. Der fertige Falter schlüpft dann wenige Wochen später aus der Puppe. Da Windenschwärmer sehr empfindlich gegenüber Frost sind, überleben die meisten Puppen und Schmetterlinge in Deutschland nicht. Nur die Raupen die sich rechtzeitig verpuppen, können ihre Entwicklung zum fertigen Schmetterling abschließen und im Winter nach Nordafrika wandern.

Abb. 3: Grüngefärbte Raupe des Windenschwärmers. Wie alle Schwärmer-Raupen tragen sie am Hinterende einen Stachel. Beim Windenschwärmer ist dieser glatt und dornförmig. In Kombination mit den seitlichen Diagonalstreifen und den darunter liegenden dunkel gezeichneten Stigmen, lassen sie sich so gut von anderen Schwärmer-Raupen unterscheiden. Foto: Stephan Hoppe

Abb. 4: Braungefärbte Windenschwärmer-Raupe. Durch ihre Färbung sind diese bis zu 12 cm langen Raupen sehr gut getarnt und werden meist nur entdeckt, wenn sie auf der Suche nach einem Verpuppungsquartier ihre Futterpflanzen verlassen. Foto: Stephan Hoppe

Nicht nur für den Windenschwärmer stellt die zunehmende Beleuchtung - vor allem im Siedlungsbereich - ein wachsendes Problem dar (Abb. 5). Viele nachtaktive Insekten werden davon angelockt, umkreisen die Lichtquelle teilweise bis zur völligen Erschöpfung oder sind dadurch leichte Beute für nachtaktive Insektenfresser wie zum Beispiel Fledermäuse.


Eine Zusammenfassung zu Auswirkungen künstlichen Lichts

findet ihr hier auf unserer Webseite

>> Artikel zu Lichtverschmutzung <<

Verfasserin: S.Bigalk

Literatur zum direkt Nachlesen

  • Elbert (Hrsg.) (1994): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs, Band 4 Nachtfalter. Ulmer Verlag.
  • Bellmann (2009): Der neue Kosmos-Schmetterlingsführer - Schmetterlinge, Raupen, Futterpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag

 

Abb. 5: Dieses Windenschwärmerweibchen wurde vermutlich nachts vom Licht der Lampe angelockt und hat sich am Morgen einfach darauf niedergelassen. Durch die fehlende Tarnung ist sie so für Insektenfreunde, aber auch Fressfeinde, leicht zu entdecken. Foto: Sonia Bigalk

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