Langer Rüssel auf weiter Reise –
Der Windenschwärmer (Agrius convolvuli)
Auf den ersten Blick könnte man unseren Wiesenbewohner aufgrund seiner Farbe vielleicht für eine graue Maus halten, aber mit einer Flügelspannweite von 8 bis 13 cm gehört der Windenschwärmer (Agrius convolvuli, Abb. 1) zu den größten in Deutschland vorkommenden Schmetterlingen und ist damit tatsächlich etwas größer als eine Hausmaus (ohne Schwanz). Wie viele andere nachtaktive Schmetterlinge ist der Windenschwärmer unauffällig grau-schwarz gefärbt und dadurch hervorragend getarnt, wenn er tagsüber an Baumstämmen, Ästen oder Steinen ruht. Nur auf den Seiten der Hinterleibssegmente befindet sich ein Muster aus pinken und schwarzen Flecken, die in Ruhe jedoch von den Flügeln verdeckt sind.
Windenschwärmer gehören zu den Wanderfaltern, die regelmäßig nach Deutschland einfliegen. Ganzjährig sind sie in den Tropen und Subtropen Afrikas und Asiens zu finden. In den Sommermonaten wandern sie in Europa teilweise bis auf die Höhe des Polarkreises, südlich bis Australien. Ab April fliegen die ersten Tiere von Nordafrika aus in Richtung Europa, wo sie nach etwa 4 Wochen ankommen, die meisten erscheinen allerdings zwischen August und Oktober. Dabei erreichen sie in der Spitze Fluggeschwindigkeiten bis zu 100 km/h, auf längeren Strecken etwa 50 km/h. Um ihren hohen Energiebedarf zu decken besitzen Windenschwärmer einen mehr als körperlangen Saugrüssel (5-13 cm, durchschnittlich etwa 9 cm) mit dem sie ähnlich wie Kolibris im Flug vor der Blüte schwebend Nektar trinken können. Dies tun sie bevorzugt ab der Abenddämmerung bis in die frühen Nachtstunden. Die Raupen ernähren sich von Windengewächsen, vor allem von Acker- und Zaunwinde (Abb. 2), die häufig an nicht zu häufig gemähten Wegrändern, Weinbergen oder auf Kartoffelfeldern gedeihen. Bereits während ihrer Wanderung legen die Windenschwärmerweibchen einzelne Eier an geeigneten Futterpflanzen ab und können so bis zu 1000 Eier legen. Ironischerweise blühen Acker- und Zaunwinde nur in den Vormittagsstunden und sind keine Nektarquelle für die nachtaktiven adulten Windenschwärmer.
Das Ei ist nur 1 mm groß und damit etwa halb so groß wie der Kopf einer Stecknadel. Die daraus schlüpfenden Raupen wachsen schnell und können bis zu 12 cm lang werden. Sie treten in verschiedenen Farbvariationen von grün (Abb. 3) bis grau-braun (Abb. 4) auf. Am Hinterende tragen sie einen für Schwärmer-Raupen typischen, glatten, nach hinten gerichteten Dorn, der jedoch ungefährlich ist. Die einzelnen Segmente haben seitlich einen hellen diagonal von vorne unten nach hinten oben verlaufenden Streifen, unter dem die Stigmen (Atemöffnungen) als dunkle Punkte zu sehen sind. Durch ihre Tarnfarben sind sie auf ihren Futterpflanzen schwer zu entdecken. Erst wenn die Raupen den Schutz der Winden verlassen und auf die Suche nach einem geeigneten Platz für die Verpuppung gehen, kann man sie leichter an Wegrändern oder an Kartoffelfeldern entdecken. Die Raupen graben sich in den Boden und legen eine Hühnerei große Höhle an. Dort wandeln sie sich in etwa zwei Wochen zu einer 5-6 cm langen, braunen Puppe um. Diese besitzt bereits eine bogenförmig abstehende Rüsselscheide, anhand derer sie gut zu erkennen sind. Der fertige Falter schlüpft dann wenige Wochen später aus der Puppe. Da Windenschwärmer sehr empfindlich gegenüber Frost sind, überleben die meisten Puppen und Schmetterlinge in Deutschland nicht. Nur die Raupen die sich rechtzeitig verpuppen, können ihre Entwicklung zum fertigen Schmetterling abschließen und im Winter nach Nordafrika wandern.
Nicht nur für den Windenschwärmer stellt die zunehmende Beleuchtung - vor allem im Siedlungsbereich - ein wachsendes Problem dar (Abb. 5). Viele nachtaktive Insekten werden davon angelockt, umkreisen die Lichtquelle teilweise bis zur völligen Erschöpfung oder sind dadurch leichte Beute für nachtaktive Insektenfresser wie zum Beispiel Fledermäuse.
Eine Zusammenfassung zu Auswirkungen künstlichen Lichts
findet ihr hier auf unserer Webseite
Verfasserin: S.Bigalk
Literatur zum direkt Nachlesen
- Elbert (Hrsg.) (1994): Die Schmetterlinge Baden-Württembergs, Band 4 Nachtfalter. Ulmer Verlag.
- Bellmann (2009): Der neue Kosmos-Schmetterlingsführer - Schmetterlinge, Raupen, Futterpflanzen. Franckh-Kosmos Verlag