Die Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) - Mit Ranken und Kraftblüten zum Erfolg
Die Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis) ist, wie ihr Name bereits verrät, häufig auf mäßig feuchten, moderat bis sehr nährstoffreichen Wiesen zu finden. Dabei bevorzugt sie lehmige und humusreiche Böden und ist auch im Saumbereich von Wäldern und an Gewässern anzutreffen. Wie für die Pflanzenunterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae) typisch, besitzt sie zygomorphe Blüten, also Blüten mit nur einer vertikalen Symmetrie-Achse. Mit ihren gelben Blüten (Abb. 1) ähnelt die Wiesen-Platterbse z.B. dem auf ähnlichen Standorten vorkommenden Hornklee. Sie lässt sich aber durch den rankenden Aufwuchs, den am Stiel verteilten Blütenstand, dem deutlich vierkantigen, selten leicht geflügelten Stängel und die paarigen am Stiel lanzettförmigen Blätter mit den zum Klettern genutzten Endranken gut von diesem und anderen Platterbsen-Arten unterscheiden.
Die Wiesen-Platterbse kann als ausdauernde und sommergrüne Pflanze ein Alter von mehreren Jahren erreichen. Dabei treiben die stark verzweigten, kletternden Stängel jedes Jahr erneut aus und erreichen eine Höhe von 30 bis 100 cm. Andere Pflanzen werden dabei von den Endranken der Blätter umschlungen und als Kletterhilfe verwendet. Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Die eng gebauten 1 bis 1,5 cm langen gelben Blüten sind sogenannte „Kraftblüten“, deren Nektar und Pollen nur kräftig gebaute Wildbienen erreichen können.
Dazu gehören neben den 29 in Baden-Württemberg vorkommenden Hummelarten (Abb. 2) auch einige Blattschneider-, Mauer- und Langhornbienen-Arten (Abb. 3) sowie die Wicken-Sandbiene (Andrena lathyri), deren wissenschaftlicher Name bereits darauf hinweist, dass sie Wiesen-Platterbsen oder die nahe verwandten Wicken als Pollenquelle für ihren Nachwuchs benötigt. Honigbienen betätigen sich häufig nur als Nektardiebe ohne den Pollen zu übertragen. Nach der Bestäubung durch die Wildbienen entwickeln sich im Spätsommer die für Platterbsen typischen, 2,5 bis 3,5 cm langen, seitlich abgeflachten Hülsenfrüchte (Abb. 4). Mit fortschreitender Samenreife färben sich die Hülsenfrüchte schwarz, um möglichst viel Wärme aufzunehmen. Als sogenannte „Austrocknungsstreuer“ platzen die trockenen, reifen Früchte auf und schleudern die braun gesprenkelten, runden Samen in weitem Umkreis um die Pflanze.
Wiesen-Platterbsen sind zwar sehr eiweißhaltig, werden von Weidetieren aber verschmäht, da sie Bitterstoffe enthalten. Für viele Insekten sind ihre Blätter jedoch wertvolle Futterpflanzen. So ist die Wiesen-Platterbse durch ihre Häufigkeit, neben Hornklee und Wicken, eine wichtige Futterpflanze für die Raupen des Tintenfleck-Weißlings (Leptidea sinapis, Abb. 5), der auf der Vorwarnliste der Roten Liste geführt wird. Das stark gefährdete (RL 2) Platterbsen-Widderchen (Zygaena oesterodensis, Abb. 6) ist in Baden-Württemberg nur noch auf der Schwäbischen Alb und im Tauberland zu finden. Diese Art kommt nur in Wäldern vor und ist deshalb auf Wiesen-Platterbsen und Wicken Bestände an Wald- und Wegesrändern oder auf Lichtungen angewiesen. Die Raupen benötigen 2 bis 5 Jahre für die Entwicklung zum fertigen Schmetterling, da sie nur wenige Wochen im Jahr Nahrung aufnehmen. Die Samen von Platterbsen sind eine beliebte Futterquelle für die Larven des wenige Millimeter großen Dunklen Samenkäfers (Bruchus affinis). Sie leben geschützt in den Hülsenfrüchten und ernähren sich von den darin liegenden Samen, von außen ist häufig nur ein kleines Loch zu erkennen.
Die Wiesen-Platterbse ist in den gemäßigten Gebieten Eurasiens bis in die Subtropen Ostafrikas verbreitet und kommt bis in Höhenlagen von 1800 m vor. Die ältesten subfossilen Nachweise in Baden-Württemberg stammen aus der Römischen Kaiserzeit (27 v. Chr. – 476 n. Chr.) und wurden in Köngen gefunden, sie gilt damit als urwüchsig. Im Gegensatz dazu findet sich an warmen, sonnenexponierten Standorten zunehmend häufiger die Breitblättrige Platterbse (Lathyrus latifolius, Abb. 7). Durch ihre bis zu 3 cm langen rosa bis purpurnen Blüten und die bis zu 3 m langen, breit geflügelten Stängel, ist sie einfach zu erkennen. Diese Art stammt aus dem Mittelmeerraum und wurde in Deutschland als sogenannter „Neophyt“ eingeschleppt. Ähnlich wie die Wiesen-Platterbse werden ihr Blüten vor allem von Hummeln und anderen kräftigen Wildbienen-Arten besucht. Häufig ist die ebenfalls wärmeliebende, 2 bis 2,8 cm große Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea, Abb. 7) an ihren Blüten zu beobachten.
Literatur zum direkt Nachlesen
- Bellmann, H. 2009. Der neue Kosmos Schmetterlingsführer. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart. LUBW Website. https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/platterbsen-widderchen
- Sebald, O., Seybold, S. und Philippi, G. 1992. Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs: Band 3. Ulmer Verlag, Stuttgart.
- Spohn, M und Spohn, R. 2021. Was blüht denn da? Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart.
- Westrich, P. 1989. Die Wildbienen Baden-Württembergs: Allgemeiner Teil. Ulmer Verlag, Stuttgart.
- Worm, R. 2020. Die Wiesenfibel. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.
Verfasserin: S. Bigalk